In the summertime, when the weather is fine sind meine Katzen draußen im Garten. Eigentlich ja eine erfreuliche Angelegenheit. Eigentlich. Mein Garten ist mit einer zwei Meter hohen Mauer umgeben und diese mit einem Überstand versehen, so dass meine Helden nur mit Mühe ausreißen könnten. Sie haben es auch noch nie versucht. Sie akzeptieren die Grenzen ihres Reviers, was nicht heißt, dass ich nicht ab und an Besuch von den Katzen aus meiner Nachbarschaft bekomme. Ein besonders frecher dicker Hauskater marschierte stundenlang abends vor meiner Terrassentür auf und ab, als eines meiner Mädchen rollte, obgleich er, wie deutlich zu erkennen, kastriert war. Ein anderer Kater besuchte uns immer nachts und stand dann vor Eclairs Fenster und sang seine Arien, ganz offensichtlich in bester Kampflaune. Ich auch, nachdem der Bursche mich nachts um drei aus dem Bett gescheucht hatte. Ich stürzte also nach unten, den berühmten Eimer mit Wasser hatte ich zwar nicht zur Hand, dafür aber genügend Wut im Bauch. Ich öffnete die Terrassentür und brüllte los – meine Nachbarn mögen mir verzeihen- der Kater kreischte und ergriff die Flucht. „Verschwinde, verdammt noch mal!“ Er fand nicht den richtigen Absprung über die Mauer und verfing sich in einem der Sträucher. Ich hinterher. Ich klatschte in die Hände und schrie nochmals: „Verschwinde, du Mistkerl.“ Jetzt endlich schaffte er den Sprung auf die Mauer und verschwand. Frieden und Ruhe kehrte in die Herzen zurück.
Der Mond schien, auch meine Damen beruhigten sich langsam und ich begab mich wieder in mein Bett. Zwar dauerte es noch etwas, aber irgendwann entschlummerte ich.
Frieden. Sommerfrieden.
Vor einigen Tagen jedoch wurde das empfindliche Sommerfriedens-Gleichgewicht erheblich gestört und ich konnte einmal mehr meine Reaktion testen.
Meine Freundin Marlies und ich saßen im Wohnzimmer und tranken eine Tasse Kaffe, während meine vier Strategen aus der unteren Etage sich draußen befanden. Wir beide waren in ein angeregtes Gespräch vertieft, als mein Blick zufällig nach draußen fiel, weil ich so im Nebenhirn irgendwelche ungewöhnlichen Geräusche wahrgenommen hatte. Schon sah ich meine Wendy mit stolz geschwellter Brust und einer Drossel im Fang auf die Terrasse marschieren. Der Vogel piepte jämmerlich, was ich ihm – weiß Gott- nicht verdenken konnte.
Schnell verschwand sie mit der Drossel nach unten in Schlappis Raum. „Marlies, Marlies, hast du das gesehen?“ „Nein, was denn?“ „Wendy ist mit einer Drossel nach unten und die lebt noch. Was soll ich tun?“(Blöde Frage) „Die Drossel retten“. Na, klar, auf die Idee wäre ich nun überhaupt nicht gekommen! Als ich noch unschlüssig im Wohnzimmer stand und überlegte, womit ich mich zur Rettung des kleinen Flügelmannes bewaffnen sollte, rief meine Freundin ganz aufgeregt: „Da ist eben eine Drossel bei Schlappi rausgeflogen.“ „Nein, das gibt es doch nicht!“ „Doch ganz bestimmt!“ Ich fegte nach unten. Wendy stand etwas verwirrt mitten im Raum, um sie herum jede Menge Drosselfedern, aber dem kleinen Burschen war tatsächlich die Flucht gelungen. Frieden Sommerfrieden!!
Besonders meine Kater genießen es immer, wenn sie nach draußen in den Garten können. Dann wird erst einmal alles ausführlich berochen. Die Büsche werden anständig markiert, wobei der eine oder andere inzwischen schon deutliche Spuren aufweist. Als nächstes muss man erst gucken, ob sich irgendetwas verändert hat seit gestern, und schließlich lassen sie sich irgendwo im Garten nieder oder wälzen sich, wie mein Eclair es liebt, wenn die Erde schön trocken ist, anständig in den Beeten.
Das Fell wird, wenn die Erde wieder heraus ist, wunderbar weich. Wenn sie wieder heraus ist!! Nur vorher sieht mein heiß geliebtes Goldstück aus wie Schwein und ich sehe aus wie Schwein, wenn ich ihn dann streichele und der Raum sieht auch aus wie Schwein in seiner gekonnten Mischung aus Urin und feinem Sand. Man sollte dann am besten keine glatten Sohlen unter den Schuhen haben, sonst gibt es eine Rutschpartie. Glatteis ist nichts dagegen. Eclair gleicht auch nicht länger einem Choc-point, sondern einem Grey-point, ich auch. Zwar fluche ich dann innerlich immer, weil ich wieder zu Schrubber und Bürste greifen kann, aber was soll’s! Das ist Frieden. Sommerfrieden.
Nun kann ich ja meine Kater nicht gleichzeitig in den Garten lassen. Das gäbe Mord und Totschlag. Also kommt erst der eine nach draußen, dann der andere. Eclairs Fenster kann ich von außen nur anziehen und muss dann nach unten gehen, um es zu schließen.
Vor einigen Jahren, als mein Ulindi noch nicht bei meiner Freundin Kristiina in Finnland wohnte, wollte ich nachmittags den üblichen Wachwechsel vornehmen. Eclair in seine Behausung, Ulindi nach draußen. Nachdem ich Eclair in sein Zimmer gebracht hatte, zog ich das Fenster an und ging nach unten um es vollends zu schließen. Ich gab Eclair frisches Wasser und öffnete dann das Fenster bei Ulindi.
Anschließend setzte ich mich oben an den Schreibtisch, um am Computer zu arbeiten. Da es ein sehr heißer Tag war, packte mich nach kurzer Zeit der Durst und ich marschierte wieder nach unten in die Küche, um etwas zu trinken. Dort angekommen hörte ich Katergesang. Ich öffnete die Küchentür und schaute aus dem Wohnzimmer auf die Terrasse. Dort stand Ulindi mit Flaschenbürste und Hahnenkamm und sang. Verdammt noch mal, welcher fremde Kater hatte sich wieder in meinen Garten verirrt? Ich versuchte um die Ecke des Vorbaus zu sehen. Nichts! Schließlich betrat ich die Terrasse und entdeckte das Malheur: Eclair und Ulindi standen voreinander. Und Ulindi sollte am nächsten Wochenende zur Ausstellung!! Eiserne Grundregel: Mische dich nie direkt in einen Katerkampf, es sei denn du bist scharf darauf mit erheblichen Bisswunden zum Arzt zu gehen. Außerdem ist mein Eclair zwar eine Seele von Kater, aber wenn er Rivalen riecht oder sieht, vergisst er alles. Zum Glück gehen Kater ja selten sofort aufeinander los, sondern zumeist umtänzeln sie sich – dick aufgebläht – mit kleinen steifen Schritten eine Weile um sich gegenseitig ihre Kraft und Größe zu demonstrieren. Wasser hatte ich wieder einmal nicht zur Hand. Also brüllte ich los, was das Zeug hielt, während vor meinem inneren Auge schon zwei blutverschmierte, ineinander verkeilte Kater auftauchten.
Das Gebrüll zeigte Wirkung, nur nicht die, die ich mir erhofft hatte. Beide Kater flohen vor Schreck in Eclairs Raum. Ich durchs Wohnzimmer, griff mir unterwegs irgendwo ein Handtuch, ab nach unten. Dort standen die beiden schon wieder und sangen. Also brüllte ich erneut los und versuchte Ulindi mit dem Handtuch aus dem Fenster zu scheuchen. Nach mehreren vergeblichen Versuchen sprang er endlich hinaus. Ich schloss das Fenster und stand bei Eclair mit wackelnden Knien und flatternden Händen. Das war gerade noch einmal gut gegangen. Frieden. Sommerfrieden. Die Vögel zwitschern und die Welt ist (fast) heil.
Natürlich hatte ich vergessen, als ich den Wassernapf füllte, das Fenster fest zu verschließen.
Bei Katzen kannst du dir keine Fehler erlauben. Sie merken alles.