Die Geschichte, die ich zu erzählen habe, ist keine von den üblichen sentimentalen Weihnachtsgeschichten. Bei mir kam keine Katze zur Weihnachtszeit oder aus dem Regen. Nichts dergleichen. Meine Geschichte ist eine ganz normale Züchtergeschichte.
Meine Line – eigentlich heißt sie Kleo – war für Heiligabend ausgezählt, 65. Tag. Na schön oder auch nicht schön! Die Mädchen haben ja eine Vorliebe dafür, an den unmöglichsten Tagen zu werfen. Weihnachten, Sylvester, Ostern sind da sehr beliebte Daten und alle Tage, an denen man überhaupt keine Zeit hat. Dasselbe gilt für die Rolligkeiten.
Ist z. B. die Katze für Freitag ausgezählt, wirft sie ganz bestimmt am Montag, wenn man wieder arbeiten muss. Da unsere Siamesen ja selten pünktlich werfen, machte ich mir auch in diesem Fall nicht die ganz großen Gedanken. Meine Tierärzte wussten Bescheid und hatten versprochen, dass Handy für alle Fälle offen zu lassen.
Natürlich passierte Heiligabend nichts. Wir konnten – wie jedes Jahr- unsere traditionelle Weihnachtsente essen, gemütlich zusammensitzen, Weihnachtslieder hören, noch einen späten Spaziergang machen, denn in diesem Jahr hatte es wie auf Bestellung nachmittags angefangen zu schneien. Da in unserer Gegend Schnee zu Weihnachten selten ist, war dieser Abend etwas ganz Besonderes.
Vorsichtshalber schlug ich mein Bett in Lines Zimmer auf. Aber ich hatte eine ruhige Nacht. Auch am nächsten Tag tat sich noch nichts. Also die übliche Warterei. Abends dann verlor Line den Schleimpfropfen und blutete etwas. Ich wartete, hielt mich wach mit Fernsehgucken, wartete, wartete und wartete, aber es passierte nichts. Irgendwann um halb zwei war ich dann so müde, dass ich doch beschloss ins Bett zu gehen. Ich stellte mir den Wecker auf halb vier und schlief ein. Als um halb vier der Wecker rappelte, fuhr ich hoch. Line lag bei mir auf dem Bett, ruhig, entspannt, nichts – Na, denn!! Also den Wecker auf halb sechs stellen und versuchen wieder einzuschlafen. Es dauerte ein bisschen, aber schließlich gelang es mir. Irgendwann wurde ich dann ein bisschen wieder wach, aber nicht richtig. Ich meinte etwas piepen zu hören, aber das konnte ja nicht sein. Plötzlich stand Line neben meinem Kopf auf dem Bett und schrie mir lauthals ins Ohr. Wieder machte ich einen Senkrechtstart. „Line, Line, was ist los?“ Jetzt hörte ich es deutlich: ein Baby fiepte, aber verdammt noch mal, wo?? Ich knipste das Licht an, da, auf dem Sofa. Ich hin, alles war wunderbar. Das Baby war sauber, abgenabelt und sehr lebendig. Line kam hinterher, legte sich neben das Baby und fing wieder an zu pressen. Im Laufe der nächsten zwei Stunden wurden dann noch sechs Babies geboren. Nur bei diesen sechs Babies machte Line keine Anstalten mehr, irgendetwas zu tun. Das durfte ich machen: Auspacken, Abnabeln Trockenrubbeln.
Wozu hatte sie mich schließlich wach gemacht, wenn ich jetzt doch nur dumm daneben hockte. Es reichte doch, dass sie mir das erste Baby abgenommen hatte. Wozu hat man schließlich seinen Sklaven? Kaum hatte ich ein Baby fertig, kam schon das nächste. Eine wahre Bilderbuchgeburt. Das siebte Baby war übrigens eine Miniausgabe von 67 Gramm, nicht gerade das höchste Startgewicht, aber mit sehr viel Durchsetzungsvermögen ausgestattet. Sechs Wochen lang galt der Minifloh als Junge, bis ich schließlich eines Tages feststellte, dass er von hinten betrachtet gar nicht mehr wie ein Junge aussah !
Übrigens hat Line mich jedes Mal informiert, wenn sie gedachte zu werfen wie auch meine anderen Katzen das tun. Sie warten sogar, bis ich Zeit und Ruhe habe und das ist für mich das eigentliche „Weihnachtswunder“!